Königliche Kabinetts-Ordre regelte das „Brückengeld“
Fundstück des Monats blickt auf das Jahr 1841
Niedermarsberg. Seit Monaten beherrschen die Arbeiten an der neuen Diemelbrücke das Stadtgeschehen Marsbergs. Gewerbetreibende, Verkehrsteilnehmer und ganz besonders die LKW-Fahrer freuen sich schon jetzt auf die Fertigstellung der neuen Überquerung der Diemel. Dann kann die Diemelbrücke wieder zweispurig, ganz kostenlos benutzt werden.
Der Marsberger Geschichts- und Heimatverein „Marsberger Geschichten – Schlüssel zur Vergangenheit e. V.“ hat in den letzten Tagen eine Original-Urkunde aus 1841 sowie „Quittungsscheine“ aus den 1830er Jahren zur Erhebung eines Brückengeldes für das Museum „Haus Böttcher – Marsbergs Haus der Geschichte aus 1589“ erhalten. Diese Relikte wurden nun zum Fundstück des Monats September 2017 prämiert.
Jahrhunderte hindurch besaßen die Grundherren, später die Landesherren das ausschließliche Benutzungsrecht an den öffentlichen Wegen. Dieses Recht, Wegeregal genannt, gab den Landesherren auch die Befugnis, die Bauern zu Fronarbeiten an den Straßen heranzuziehen. Nur gegen Zoll, Geleits- und Wegegelder wurde dem Publikum die Benutzung der Straßen gestattet. Diese Wegegelder haben sich als Gebühr (Chausseegeld, Torgeld oder Brückengeld) für die Benutzung der Wege und Brücken auch nach Aufhebung des Wegeregals noch lange erhalten. Auch für den Übergang über die hiesige Diemelbrücke wurde lange Zeit ein Brückengeld erhoben.
Das Diemeltor zu Niedermarsberg hatte im Obergebäude eine Wohnung für den Pförtner, der am Abend zur bestimmten Stunde das Tor schließen musste. Im Diemeltor, das in der Nähe des alten Amtshauses stand und das im Jahr 1807 abgebrochen wurde, befand sich auch ein kleiner Raum für den Brückenwärter. Zu seinen Rechten und Pflichten gehörte es, das Brückengeld zu erheben. Jeder, der das Brückengeld gezahlt hatte, erhielt von dem Brückenwärter eine Quittung.
Die „Marsberger Geschichten“ haben jetzt einen Quittungsblock aus den 1830er Jahren hierzu bekommen. Wann die Erhebung eines Brückengeldes aufhörte, ist nicht bekannt. Allerdings ergeben sich aus einer originalen Urkunde aus dem Jahr 1841 neue Modalitäten zur Erhebung des Brückengeldes.
Mit „Königlicher Kabinetts-Ordre“-Friedrich Wilhelms vom 17.03.1841 wurde der Tarif des Brückengeldes für die Stadt Niedermarsberg geregelt. „Auf Ihren Bericht vom 14. v. M. will Ich der Stadt Niedermarsberg das Recht zur ferneren Erhebung eines Brückengeldes für den Uebergang über die Diemelbrücke daselbst, jedoch nur unter Vorbehalt des Widerrufs bewilligen, und habe mit dieser Beschränkung den zurückerfolgenden Tarif vollzogen. Berlin, den 17. März 1841. – gez. Friedrich Wilhelm.“
Der Tarif für „den Uebergang über die Brücke über den Diemelfluß bei Untermarsberg, Kreis Brilon, Herzogthum Westphalen, Regierungs-Bezirks Arnsberg“ besagt, dass ein Fuhrwerk mit drei und mehr bespannten Zugtieren einen Silbergroschen (Sgr.) und 6 Pfennige (Pf.) zu zahlen hat. – 2 Zugtiere mit bespanntem Fuhrwerk 1 Sgr., Fuhrwerke mit einem Zugtier 8 Pf., ein einzelnes Pferd 4 Pf., jedes Rindvieh, Esel oder Kalb 2 Pf., jede Herde Schafe oder Schweine für je 10 Stück 1 Sgr. und in der Einzelabrechnung 2 Pf..
Das Brückengeld wurde von Pferden und Maultieren nicht erhoben, wenn sie den Hofhaltungen des „Königlichen Hauses“ oder den „Königlichen Gestüten“ angehörten. Außerdem waren Armeefuhrwerke und Fuhrwerke sowie Tiere, die Militär „auf dem Marsche bei sich führten“ befreit. Sofern auf den Pferden Militärbeamte sich befanden oder von Offizieren im Dienst und Dienstuniform beritten wurden, musste der Wärter sie ebenfalls ohne Erhebung eines Brückengeldes ziehen lassen.
Ausnahmen und Freistellungen gab es auch bei „Fuhrwerken und Thieren, deren mit Freikarten versehene öffentliche Beamte auf Dienstreisen innerhalb ihrer Geschäftsbezirke, oder Pfarrer bei Amts-Verrichtungen innerhalb ihrer Parochie, sich bedienen“ oder „von ordinairen Posten, einschließlich der Schnell-, Cariol- und Reitposten nebst Beiwagen; imgleichen von öffentlichen Courieren und Estafetten und von allen, von Postbeförderungen leer zurückkehrenden Wagen und Pferden“. Sofern die Transporte „für unmittelbare Rechnung des Staates“ geschahen und sich mit „Freipässen“ ausweisen konnten oder es sich um „Feuerlöschungs-, Kreis- bzw. Gemeinde-Hülfsfuhren oder um Armen- und Arrestantenfuhren“ bzw. um „Kirchen- und Leichenfuhren innerhalb der Parochie“ handelte, musste man ebenfalls auf das Brückengeld verzichten.
Befreit waren ebenfalls „Fuhrwerke, die Chaussee-Baumaterialien anfahren, sofern nicht durch den Minister der Finanzen und des Handels Ausnahmen angeordnet werden“ und „zur Beruhigung aller Einwohner von Niedermarsberg“ die Bürgerinnen und Bürger der Stadt. Alle weiteren Personen, auch der umliegenden Gemeinden und Ortschaften, die heutzutage zur Stadt Marsberg gehören, mussten wie alle anderen Brückennutzer zahlen und wurden kräftig zur Kasse gebeten.
Nähere Informationen zum Fundstück des Monats finden Sie unter: www.Marsberger-Geschichte.de
Fotos im Anhang:
01 Diese Aufnahme zeigt einen Blick auf die neue Diemelbrücke in Niedermarsberg. Sie wurde als Postkarte am 04.06.1956 verschickt. Rechts oben kann man den Bilsteinturm entdecken.
02 Im Vordergrund zeigt diese Aufnahme einen Teil der Häuser der Westheimer Straße in Niedermarsberg. Das markante Gebäude am rechten Bildrand ist die Villa Rentzing, heute Sekundarschule. Schön zu erkennen ist auch vor der Diemelbrücke die Josephskapelle. Die Trift, die Gansau, usw. sind noch nicht bebaut. Das Foto ist aus der Zeit um 1900.
03 Originaler Quittungsschein für das Marsberger Brückengeld in den 1830er Jahren.
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