Als der Fuchs die Eier brachte…
Ein geschichtlicher Rückblick auf alte Archivalien
Die Rituale in der österlichen Zeit waren und sind eng an den christlichen Glauben gebunden. Vom Palmsonntag, über Karfreitag bis hin zu Ostern gab und gibt es zahlreiche Bräuche, die in unseren Ortschaften des östlichen Sauerlandes aufrechterhalten werden.
Noch um 1900 galten die am Palmsonntag (Sonntag vor Ostern) geweihten Palmzweige als wirksames Mittel, um Häuser vor Feuer und Blitz zu schützen, deshalb wurden sie unter das Dach des Hauses gelegt oder bei schweren Unwettern im Herdfeuer verbrannt. Bei so manchem „Zipperlein“ galten sie bei Mensch und Tier auch als probates Mittel zur inneren Anwendung.
Noch heute ist der Brauch verbreitet, Palmstöcke aus Buchsbaumzweigen anzufertigen. Die Art der Palmstöcke ist traditionell von Ort zu Ort sehr unterschiedlich: Um die Wende zum 20. Jahrhundert herum wurden in den Zweigen vor allem bunte Schleifen aus Stoff und Papier, Heiligenbilder und unterschiedliche Lebensmittel wie Gebildbrote, Nüsse, Äpfel oder auch Bonbons befestigt. Die Kinder legten ihre Palmstöcke vor das Kreuz in der Kirche, wo sie geweiht wurden. Nach dem Hochamt wurden die geweihten Palmstöcke vor den Türen der Kirche verteilt. Alle Erwachsenen versuchten einen der begehrten Stöcke zu erlangen. Diejenigen, die keinen Palmstock mit nach Hause brachten, erhielten nämlich angeblich zu Ostern keine Eier.
Mit dem Palmsonntag beginnt die Karwoche. An diesem Tag wird des Einzugs Jesu Christi in Jerusalem gedacht. Zum Zeichen seines Königtums jubelte das Volk ihm zu und streute dem nach Jerusalem Kommenden Palmzweige. Bis heute werden die Prozessionen am Palmsonntag begangen. –
An keinem anderen Tag im Jahr wurde bis 1900 der konfessionelle Unterschied zwischen katholischer und evangelischer Bevölkerung so deutlich wie am Karfreitag: Während dieser Tag für die Protestanten als höchster Feiertag galt, an dem sie natürlich nicht arbeiteten, war er für die Katholiken ein halber Arbeitstag. Zwar verzichteten sie auf lärmende Arbeiten wie Hämmern. Güllefahren und Gartenarbeit waren für Katholiken am Karfreitag aber durchaus erlaubt.
Das führte häufig zu Reibereien zwischen den Gläubigen beider Konfessionen entlang unserer Landes- und Konfessionsgrenze. Aus einem Marsberger Bericht aus den 1920er Jahren: „Es gab Ärgereien zwischen streitenden Nachbarn. Die Katholiken arbeiteten am Karfreitag etwa im Garten oder fuhren Dünger. Die Evangelischen arbeiteten in auffälliger Weise am Fronleichnamstage.“
Eine Entspannung der Konflikte setzte erst in den 1950er Jahren mit der gesetzlichen Einführung des Karfreitags als offiziellem Feiertag ein. Der Karfreitag war der einzige Tag, an dem auch für die evangelische Bevölkerung Speisevorschriften galten. Ansonsten lehnen die Protestanten seit der Reformation das Fasten zur Vergebung der Sünden ab. Es solle nicht als Mittel zur Erlangung göttlicher Gnade dienen – dieses könne allein nur durch den Glauben geschehen. Der Speiseplan der evangelischen Bevölkerung bestand am Karfreitag häufig aus Mehlsuppen, Pfannkuchen oder Reis mit Zucker und Zimt. Fisch oder Stockfisch wurde erst später zum traditionellen Karfreitagsessen und setzte sich zunächst in wohlsituierten Haushalten durch. Die Speisevorschriften der katholischen Bevölkerung am Karfreitag sahen vor, dass nur das gegessen werden durfte, „was am Halm” wuchs. Zum Frühstück gab es häufig trockenes Brot, zum Mittag- oder Abendessen eine Suppe aus Milch und Mehl. –
Ein Kuriosum gab es in früheren Zeiten zu Ostern: Der Osterhase bringt die Eier, das weiß doch eigentlich jedes Kind!
Für den Marsberger und Briloner Raum ist allerdings etwas Anderes belegt. Demnach war es nachweislich ab dem 17. Jahrhundert im hiesigen Raum der Fuchs, der die Eier brachte.
Erst die evangelische Bevölkerung aus dem benachbarten Waldecker Raum trug im Altkreis Brilon zur Verbreitung des Osterhasen als Eierbringer bei. Nach und nach übernahm dann auch unsere ländliche, überwiegend katholische Bevölkerung diese Figur als Osterboten, wozu die entsprechenden Abbildungen in Kinderbüchern, Zeitungen und auf Postkarten beigetragen haben dürften.
Vorher war dieses allerdings die Aufgabe des Osterfuchses. Bis in die 1920er Jahre hinein wird der Osterfuchs immer wieder noch erwähnt. Er war auch für das Legen der Eier zuständig. Die Kinder bereiteten für den Fuchs am Tag vor Ostern ein Nest aus Moos und Heu vor und sorgten dafür, dass der Fuchs in der Nacht nicht gestört wurde.
Über die Herkunft oder den Ursprung des Glaubens an den Fuchs als Eierbringer gibt es nur Vermutungen. Lt. damaligem Bildnis soll es sich um eine Übertragung des Fuchses aus dem Pfingstbrauchtum auf das Osterfest handeln. In einer Chronik heißt es wiederum, dass es noch im 19. Jahrhundert Sitte war, „einen gefangenen oder erlegten Fuchs, Marder, oder Iltis bei den Nachbarn umherzutragen und dafür Eier zu sammeln“.
Volkskundliche Heimatforscher stellten schon sehr früh die These auf, dass die Vorstellung vielleicht dadurch entstanden wäre, weil Fuchs und Hase die menschliche Nähe nicht scheuen und oft auch in den Gärten zu sehen sind.
Auch sah man in der Farbe der Eier einen Zusammenhang: Die in Zwiebelschalen gekochten und dadurch braun-rot gefärbten Ostereier, die auch „Fuchseier“ genannt wurden, erinnerten an die Farbe des Hasenfells oder an das rote Fell des Fuchses. Der Brauch, Eier zu verschenken, reicht allerdings noch viel weiter zurück.
Vermutlich ist er eine Fortentwicklung der sogenannten Zinseier, die nachweislich in Marsberg schon im 9. Jahrhundert und in Padberg im 12. Jahrhundert als Naturalabgaben an Kirche und Obrigkeit zu leisten waren. Im Laufe der Zeit wurden aus den Zinseiern Geschenkeier.
Da in der Fastenzeit den Gläubigen das Essen von Eiern verboten war, bekamen die Eier zu Ostern einen besonderen Stellenwert. Laut Berichten alter Marsberger Zeitungen artete das dann stattfindende Eieressen bei Knechten und Bauernsöhnen zum Teil zu „Fressorgien“ aus.
Die bekannteste und beliebteste Tradition ist allerdings bis heute das Abbrennen des Osterfeuers und das gemeinsame Liedersingen.
Fotos im Anhang:
Ostern im Jahr 1963 – Kinder präsentieren nach dem Eiersuchen ihre Oster-Körbchen an der Glinde in Obermarsberg.
Nostalgiekarten zu Ostern.
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