Weihnachten und die Kirche der Zukunft
Interview mit Superintendent Alfred Hammer aus Marsberg (Kirchenkreis Arnsberg)
Alfred Hammer aus Marsberg übt in der evangelischen Kirche nicht nur das Amt eines Pfarrers aus, sondern ist auch gleichzeitig Superintendent für den Kirchenkreis Arnsberg. Im Interview mit Andreas Karl Böttcher stand er Rede und Antwort.
Andreas Karl Böttcher: Herr Hammer, Sie bekleiden innerhalb der evangelischen Kirche das Amt des Superintendenten. Seit wann üben Sie dieses Amt aus und wie wird man Superintendent? Gibt es bestimmte Anforderungen für dieses Amt?
Alfred Hammer: Die Synode des Evangelischen Kirchenkreises Arnsberg hat mich erstmals im November 2009 gewählt. Die Einführung erfolgte durch den damaligen Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Alfred Buß im Februar 2010 in Meschede, dem Sitz des Kirchenkreises. Zum Superintendenten bzw. zur Superintendentin kann gewählt werden, wenn man mindestens 5 Jahre lang eine Pfarrstelle in einer Kirchengemeinde innehatte. Die Amtszeit beträgt 8 Jahre mit der Möglichkeit der Wiederwahl.
Andreas Karl Böttcher: Für welches Gebiet bzw. welche Städte sind Sie als Superintendent zuständig?
Alfred Hammer: Der Ev. Kirchenkreis Arnsberg umfasst das Gebiet von Wickede im Westen bis Marsberg im Osten, von Warstein im Norden bis Medebach im Süden. 11 Kirchengemeinden bilden unseren Diaspora-Kirchenkreis. Er ist flächenmäßig der zweitgrößte unter den 29 Kirchenkreisen und zahlmäßig der zweitkleinste mit ca. 44.000 Gemeindegliedern in der westfälischen Landeskirche.
Andreas Karl Böttcher: Was für Aufgaben hat ein Superintendent?
Alfred Hammer: Ein Superintendent bzw. eine Superintendentin leitet einen Kirchenkreis gemeinsam mit den übrigen Mitgliedern des Kreissynodalvorstands. Er versieht sein Amt im Auftrag der Landeskirche und bildet somit das Zwischenglied zwischen den Kirchengemeinden und der Landeskirche. Er führt die Aufsicht über die Kirchengemeinden und Ämter und ist Dienstvorgesetzter der Pfarrerinnen und Pfarrer und der übrigen Mitarbeitenden. Die Leitung der Kreissynode ist ihm übertragen. Zu den Aufgaben gehört u. a. auch die Visitation der Kirchengemeinden und Fachbereiche, die Leitung der Pfarrwahl, die Ordination und Einführung von Pfarrerinnen und Pfarrern. Er vertritt die Kirche in der Öffentlichkeit.
Andreas Karl Böttcher: Kommt denn da bei den zahlreichen Aufgaben als Superintendent Ihre Heimatgemeinde Marsberg, in der Sie ja auch noch als Pfarrer tätig sind, nicht zu kurz?
Alfred Hammer: Im Ev. Kirchenkreis ist das Amt des Superintendenten nebenamtlich, im Hauptamt bin ich Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Marsberg. Es gibt weitere 7 Kirchenkreise, in denen das ebenso ist. Selbstverständlich kann ich nicht mehr in dem Umfang meinen Dienst als Pastor der Gemeinde ausführen wie vor meiner Wahl. Deshalb entsendet die Landeskirche in unserem Fall eine sogenannte „Synodalvikarin“ die den Superintendenten entlastet. Dennoch kann ich einige Aufgaben in der Gemeinde übernehmen, was mir persönlich sehr entgegenkommt. Wenn Sie mich nach dem Verhältnis fragen, so bin ich zu ¾ meiner Zeit mit kreiskirchlichen Aufgaben beschäftigt.
Andreas Karl Böttcher: Wir befinden uns in der Adventszeit – eigentlich eine sehr besinnliche Zeit! Viele Mitmenschen eilen aber z. Z. von Weihnachtsfeier zu Weihnachtsfeier. Sie befinden sich außerdem in einem wahren Kaufrausch, um das Fest so pompös wie möglich mit der Familie und Freunden zu feiern. Auch die Geschenke fallen immer üppiger aus. Geht bei diesem Vorweihnachtsstress, den manche Menschen an den Tag legen, der eigentliche Sinn des Weihnachtsfestes verloren?
Alfred Hammer: Es stimmt wohl, dass sich die Zeit vor Weihnachten verändert hat, sie war aber immer eine aktive Zeit der Vorbereitung, hektisch ging es auch bereits in meiner Kindheit in meiner Familie zu. Geschenke gab es auch, nicht in dem Umfang wie heute. Weihnachtsstress gibt es ganz gewiss, aber wir machen ihn uns doch selber. Stress hatten auch die Personen der biblischen Weihnachtsgeschichte. Sie flüchteten und konnten sich somit keine Zeit nehmen zur Besinnung. Sie stießen auf Ablehnung und landeten in einer Absteige, in der eine Frau, Maria, ihr Kind zur Welt brachte. Danach wieder eine Flucht, diesmal nach Ägypten, weil ein König um seine Macht fürchtete. So besinnlich war das damals nicht, das sollte man bedenken, wenn wir von „besinnlicher Weihnachtszeit“ sprechen oder uns danach sehnen. Ob der Sinn des Weihnachtsfestes verloren gegangen ist? Die Zahlen derer, die die Weihnachtsgottesdienste und –konzerte besuchen, sind ja nicht kleiner geworden. Gewiss steckt dahinter auch eine Tradition, das ist erst mal nichts Schlechtes. Wenn Menschen in großer Zahl unsere Kirche füllen, steckt dahinter auch eine Sehnsucht, dass Weihnachten mehr ist als Weihnachtsstress. In den bekannten Texten und Liedern findet manch ein Zeitgenosse Ruhe und etwas von dem, was wir uns selbst nicht sagen können, etwas von dem, was Gott uns sagen will. Ich vertraue darauf, dass die Botschaft vom Kommen Gottes in diese Welt seine Wirkung bei uns hat.
Andreas Karl Böttcher: In den Medien wird sehr oft von dem „Geist der Weihnacht“ gesprochen und geschrieben. Was ist für Sie der „Geist der Weihnacht“ bzw. was würden Sie darunter verstehen?
Alfred Hammer: Wenn wir unsere Welt betrachten und den Blick nicht abwenden, gibt es da den Widerspruch von Reichtum und Armut, von Frieden und Krieg, von Gesundheit und Krankheit, von Unterdrückung und Freiheit. In dieser Spannung leben wir, das müssen Menschen aushalten und ertragen. Und da kommt einer auf uns zu, der das Angebot macht: „Ich bin bei euch alle Tage“ oder „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch Kraft geben“. Gott kommt so konkret in die Existenz der Menschen und teilt ihr Schicksal. Im Glauben an Jesus Christus bin ich getragen in meinen ganz konkreten Lebensbezügen und Lebenssituationen. Das beginnt an Weihnachten, das feiern wir. Und dieser Geist von Weihnachten muss sich zeigen an den übrigen Tagen eines Jahres für mich und im Umgang mit meinen Mitmenschen.
Andreas Karl Böttcher: Wenn Sie zu Weihnachten einen Wunsch frei hätten, was würden Sie sich wünschen? Welche Wünsche haben Sie für Marsberg und den Kirchenkreis Arnsberg?
Alfred Hammer: Für mich selbst wünsche ich mir die Geborgenheit in meiner Familie. Für Marsberg und den Kirchenkreis viele Menschen, die aus Überzeugung die Sache Gottes vertreten und so glaubwürdig Kirche sind.
Andreas Karl Böttcher: Schauen wir einmal in die Zukunft! Die Mitgliederzahlen in den christlichen Kirchen sind im Allgemeinen rückläufig. Wie kann man hier gegensteuern?
Alfred Hammer: Wenn ich die Arbeit in den Kirchengemeinden betrachte, dann gibt es da ein großes Engagement und sehr viele kreative Angebote für alle Altersgruppen. Das Bemühen ist groß, den Menschen ein spirituelles Angebot zu machen. Und doch stimmt es, dass viele Menschen sich von der Kirche abwenden. Ich warne davor, sich entmutigen zu lassen. Ich rate dazu, nicht nachzulassen und die christliche Botschaft „allem Volk“ zu sagen und sie zu leben. Übrigens gibt es auch ganz viele positive und ermutigende Erfahrungen, davon sollten wir erzählen. Das Gebet und die Gewissheit, dass Gott seine Kirche auch mit unserer Hilfe baut, ist für mich Motivation genug.
Andreas Karl Böttcher: Noch eine abschließende Frage: Wie wird für Sie persönlich die „Kirche der Zukunft“ aussehen?
Alfred Hammer: „Kirche der Zukunft“ wird sicher bei uns anders aussehen, als wir sie gewohnt sind. Sie wird kleiner, aber trotzdem wirkungsvoll sein. Sie wird aus Menschen bestehen, die sich von der Botschaft Jesu anstecken lassen und sie verantwortlich leben. Sie wird Gemeinschaft pflegen und Gott loben. Ist das anders als bisher? Nein! Sie wird wohl weniger in Strukturen leben, die wir gewohnt waren, sie wird sich von Gewohnheiten verabschieden (müssen!), auch von äußeren Voraussetzungen (z. B. Gebäuden). Sie wird viel mehr das Ehrenamt brauchen als bisher schon. Fürchten tue ich mich nicht vor einer veränderten Situation. Ich vertraue da auf den oben beschriebenen „Geist der Weihnacht“, der auch heute Menschen erreicht, anspricht und in Bewegung setzt. Ach ja: Die Kirche der Zukunft ist ökumenisch. Grenzen werden nicht mehr wichtig und schon gar nicht trennend wirken. Um es biblisch zu sagen: „Ein Hirte und eine Herde!“ Das ist meine Vision der Kirche von Morgen.
Andreas Karl Böttcher: Herr Hammer, ich bedanke mich für das Gespräch und wünsche Ihnen, Ihrer Familie, Ihrer Gemeinde und dem gesamten Kirchenkreis Arnsberg frohe Weihnachtsfeiertage und alles Gute in der Zukunft.
Fotos:
Superintendent Alfred Hammer aus Marsberg, Foto: Kirchenkreis Arnsberg
Superintendent Alfred Hammer (hintere Reihe als Zweiter von rechts) während des Festgottesdienstes zum Jubiläum des Kirchenkreises Arnsberg am 28.06.2014, Foto: Kirchenkreis Arnsberg
Die Patenschaftsurkunde zwischen dem Ev. Kirchenkreis Arnsberg und dem Ev. Kirchenkreis Ihembe/Tansania wird anlässlich des Kirchenkreisjubiläums im Juni 2014 unterzeichnet. Zu sehen sind Superintendent Hammer und Superintendent Begumisa. Foto: Kirchenkreis Arnsberg
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